Das architektonische Konzept für die Synagoge Schlüchtern macht die widersprüchliche Geschichte räumlich erfahrbar. Statt einer fragwürdigen Rekonstruktion von Geschichte (und damit auch einer unwiederbringlichen jüdischen Gemeinde) zeigt der architektonische Ansatz die Brüche der verschiedenen Zeitschichten: die 1898 erbaute Synagoge, die Nutzung als Textilfabrik, die Nutzung als Kino und die Nutzung als Treffpunkt unterschiedlichster Aktivitäten und ermöglicht eine sinnliche Deutung und Reflektion. Die geschichtsvergessenen räumlichen Interventionen der Nachkriegszeit werden somit nicht rückgängig gemacht, sondern in all ihrer Rohheit und räumlichen Brutalität bewahrt und gezeigt. So wird einerseits, die in den Nachkriegsjahren eingezogene Betondecke als historisches Dokument erhalten und das großzügige Volumen des hohen Synagogenraums wieder sichtbar gemacht.
Eine große Öffnung der Betondecke ermöglicht den Blick vom Erdgeschoss in den Kuppelraum, und zugleich vom Niveau der ehemaligen Frauenempore hinunter. Der Zentralraum wird erfahrbar, ohne die Brüche der Nachkriegszeit zu negieren. Die denkmalpflegerische Strategie sieht umfangreiche Untersuchungen des historischen Bestands und ein partielles Freilegen der historischen Wandmalereien vor. Andere historische Elemente wie Aron Hakodesh und Bima sind unwiederbringlich verloren und werden daher mit zeitgenössischen Mitteln (Bildelemente und interaktive Darstellungen) visuell und diskursiv vermittelt. Das Nutzungskonzept sieht ein zentrales, modulares und flexibles Raumsystem vor, das unterschiedlichste Nutzungen im Sinne einer performativen Nutzung ermöglicht: temporäre Ausstellungen, Vorträge, Symposien, Workshops, Filmvorführungen. Dieser veränderbare Raum ist das Zentrum des Projekts: ein lebendiger, sich ständig wandelnder und belebter Ort.
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